(III) Das Rasenmäher-Ultimatum.

(Dies ist der dritte und letzte Teil einer Fortsetzungsgeschichte, die ich ab jetzt den „Rasenmäher-Zyklus“ nenne, und die unangenehmerweise auf wahren Begebenheiten basiert. Jene Leser, die die ersten beiden Teile gelesen haben und nun tatsächlich noch wissen möchten, wie es weitergeht, finden hier den letzten Text. Alle Ahnungslosen jedoch, die bisher verschont geblieben sind: Hier gibt es Teil 1 und Teil 2.)

Kurz nach 12:30 Uhr. Celso erreicht unter Einsatz sämtlicher physischer Ressourcen, die ihm seine wabernde Hirnmasse noch zur Verfügung stellt, das aufgrund seines an ein asymmetrisches Achteck erinnernden Grundrisses als Octogon bezeichnete Gebäude, dessen Erd- und Untergeschoss die Bibliothek beherbergt. Als er vor dem Eintreten nach seiner Brieftasche sucht, meint er sich plötzlich zu erinnern, sie dummerweise beim fluchtartigen Verlassen des Wohnheims nach einem Gemeindearbeiter geworfen zu haben. Glücklicherweise kommt jedoch relativ schnell die Erkenntnis, dass die Brieftasche zum einen – wie üblich – in seiner linken Gesäßtasche, zum anderen momentan gar nicht vonnöten ist. Letzteres entnimmt er dem selbstbewussten Auftreten einer Studentin, die unmittelbar vor ihm den Eingang zum Lesesaal passiert, ohne eine Münze in den dort befindlichen Schlitz zu werfen, der sich bei näherer Betrachtung als Türschloss entpuppt. Um also dem bereits durch die eingehende Inspektion der Saaltür erregten Misstrauen des unmittelbar dahinter sitzenden Tresenpersonals nicht weiteren Vorschub zu leisten, betritt Celso so selbstverständlich wie möglich die Bibliothek und geht nach einem möglichst beiläufig gemurmelten „Tag“ dazu über, sich nach einer geeigneten der ersten sich bietenden Sitzgelegenheit umzuschauen.

13:29 Uhr. Nach kurzer Suche ist Celso auf einen Tisch gestoßen (zuerst mit dem rechten Knie, dann mit dem entsprechenden Auge), der unmittelbar an der Eingangstür und damit, den strengen Blicken zweier paranoider Tresendamen sowie der unvermeidlichen Geräuschkulisse ständig ein- und ausgehender Bibliotheksnutzer ausgesetzt, dankenswerter Weise nicht durch lernende Köpfe samt zugehöriger Studenten besetzt ist. Eines der wenigen Fenster dieses auf Erdgeschosshöhe liegenden Teils der Bibliothek begünstigt zudem, angekippterweise, einen nicht unangenehmen Sauerstoffstrom. Er lässt sich also nieder und legt Federmappe, Taschenrechner, Skript und Schreibblock vor sich auf den Tisch (er war zuvor kurz der unheilvollen Befürchtung aufgesessen, letzteren anstelle der Brieftasche nach den Rasenterroristen am Wohnblock geworfen zu haben, hatte dann aber nach kurzer Inventur seiner aktuell mitgeführten Gegenstände auf der Auslegeware hinter den Monografien zur Metallbearbeitung das gesuchte Utensil mit einiger Erleichterung entdeckt). Trotz der erwähnten Geräuschkulisse und Blicken, die wie die Laser zweier Scharfschützengewehre auf seinen Hinterkopf gerichtet sind, schafft Celso es, der typischen Mischung aus strenger Ruhe und dem Rauschen vieler im Flüsterton geführten Unterhaltungen an anderen Tischen ein nicht unerhebliches Maß an Selbstfindung und innerer Einkehr abzutrotzen. Gegen 13:40 Uhr beginnt er frischen Mutes, sich erneut am Stoff der anstehenden Klausur zu schaffen zu machen.

Punkt 14:00 Uhr beendet Vorarbeiter Harald Bliskowski die seit 12:30 Uhr andauernde Mittagspause der ABM-Gruppe Campusbepflanzung. Er weist die gelernte Floristin Annette Linkewitz an, sich mit ihrem Team dem wuchernden Unkraut in den vor der Mensa aufgestellten und kunstvoll in Waschbeton eingeschalten Blumenrabatten zu widmen. Er selbst ruft kurz aber lautstark seine fünf eigenen Leute zusammen, lässt sie „ganz schnell austrinken“ und gibt dann bekannt, dass „als näch'ses für heut' noch so'n Rasen am Parkplatz vom“, er schaut kurz auf einen verknickten Zettel, „Optogonn oder so zu mach'n is.“ Die Männer greifen nacheinander zu ihren Helmen, Ohrenschützern und Motortrimmern...

14:30 Uhr. Der schmale Luftspalt des Fensters, unter dem Celso mittlerweile wieder konzentriert arbeitet, gibt sein Bestes für einen möglichst fortlaufenden und zügigen Austausch von Atmosphäre mit der Außenwelt. 14:31 Uhr greift Bliskowski nach der Anlasserschnur seines Rasenmähers. Zuvor jedoch brüllt er seinem Kollegen zu, der bereits im Begriff ist, dasselbe vor dem anderen Erdgeschossfenster zu tun: „Unn' mach hin Gert, mer sinn schon einglich zu speht für heut'!“
Celso hört diese Worte, die offenbar von jenseits seines tapferen Fensterspalts kommen, und blickt irritiert auf. Doch sollte es ihm nicht mehr gelingen, sowohl die scheinbar bekannte Stimme als auch den Inhalt der Aussage einzuordnen...

14:50 Uhr. Es ist Nachmittag in der Universitätsbibliothek, doch die Atmosphäre des angestrengten Studierens ist ungebrochen. Hier und da sitzen, über unzählige winzige Einzel- und riesige Gruppentische verstreut, Kommillitonen bei der Arbeit. Nur von fern klingt monoton das Summen der... Rasenmäher. Niemand scheint es wahrzunehmen, niemanden scheint es wirklich zu stören. Niemand sitzt an einem der Fensterplätze. Wirklich, niemand.
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